Stare

Eine Zeit lang im Jahr habe ich das Gefühl, die Vogelwelt besteht nur aus Staren. In unserem Garten findet jedes Jahr ein Run auf den Starenkobel statt.

Eigentlich wollte ich, dass der weg kommt. Zwei Jahre in Folge wurde der Kobel von Elstern geräubert. Und ich meine – einen Kobel aus Futter für Elstern. Nee.

Letztes Jahr konnten wir einen Star vor den übergriffigen Elstern retten. Quasi aus dem Maul heraus, den mein Mann verfolgte sie und sie ließen das Baby in die Regenrinne fallen.

Piepser zog daraufhin bei uns ein und entpuppte sich als sehr pflegeintensiv. Wir gruben täglich nach Würmern, ich fuhr ihn täglich vor der Arbeit zur Schwiegermama und holte ihn anschließend wieder ab. Eigentlich soll man vermeiden den Vogel auf Menschen zu prägen, aber wie ihr seht hatte das nur mäßigen Erfolg. Anfangs war er noch nackt, wir mussten ihn mit der Hand füttern.

Irgendwann war es so weit und wir ließen ihn fliegen. Piepser kehrte immer wieder zurück. Wir versuchen ihn daran zu gewöhnen, selbst Futter zu suchen und das funktionierte auch so einigermaßen. Wenn mein Mann zum Beispiel den Garten umgrub, kam der Vogel und sammelte die Würmer.

Einmal blieb er zwei Tage weg, ich war ziemlich am Ende, aber dann kam er wieder. Leider kam er auch zu allen anderen Menschen und zu meinem großen Erstaunen wurde niemand hysterisch, wenn sich ein Vogel plötzlich auf seine Schulter setzte.

Leider dachte Piepser, dass alle Lebewesen seine Freunde sind. Unser Mitbewohner teilte uns irgendwann mit, dass er keine Verantwortung dafür übernimmt, wenn seine Katze ihn frisst.

Dann kam der Tag, als Piepser sich fast auf unseren Grill gesetzt hat und wir beschlossen, ihn in einem nahegelegenen Biotop auszusetzen. Mein Mann behauptet immer noch, dass er letzten Herbst mit all den anderen Staren gen Süden geflogen ist.

Ich wollte also den Kobel abbauen, aber mein Mann war dafür, es noch einmal zu versuchen. Alles ging glatt, aber es war für mich eine nervenaufreibende Zeit, in der ich ständig hysterisch klatschend in den Garten stürzte, um Elstern und Krähen zu verjagen. Dann flogen die Jungen aus und ich entspannte mich. Geschafft für dieses Jahr.

Und was seh ich gerade? Eine brütende Starendame in unserem Kobel. Meine Nerven…

I

O

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Der Kampf um die Silbenbögen

Schüler lernen heutzutage das Lesen mit Silbenbögen.

Mein Kleiner konnte bereits gut lesen, als er in die Schule kam. Scheinbar hatte er vom Großen schon viel mitgenommen.

Die Silbenbögen, die unter jedem Text zu malen sind, fand er entsprechend langweilig und nutzlos. Aber man muss es halt machen – und so sah es dann auch aus. Hingerotzt halt. Kaum zu erkennen, welcher Buchstabe zu welcher Silbe gehört.

Dann kam die Deutschprobe und er hat für diese Aufgabenstellung keine Punkte erhalten. Weil es einfach schlampig war. Statt dem Smilie mit Krone gab es dann nur den mit dem neutralen Gesicht. Das hat ihn ein bisschen gewurmt, aber letztendlich hat er den Fehler auch nicht so wirklich bei sich gesehen.

Seither hab ich mit ihm einen Dauerkampf um die Bögen. Wegradieren. Klatschen lassen. Ich soll seine Hausaufgabe nicht anschauen, weil mich das nichts angeht (Haha). Diskussionen darüber, ob man das jetzt gut erkennt oder nicht und den Zweifel des Kindes, ob ich das überhaupt checke. Die Diskussionen über die Bögen dauerten ungefähr 3x so lange wie die eigentliche Bearbeitungszeit.

Und gestern plötzlich: Wunderschöne Bögen. Und dann hat er mich sogar bei einem Wort gefragt, weil er sich da nicht sicher war. Dieser Sieg geht mal an mich. 😀

Wun-der-bar!

Zwischen Menschen – Julie Zeh

Kürzlich habe ich den neuen Roman von Julie Zeh gelesen.

Er besteht aus einem E-Mail-Wechsel zweier ehemaliger Freunde. Theresa und Stefan waren während des Studiums sehr eng befreundet und haben in einer gemeinsamen WG gelebt.

Das fand ein schnelles Ende, als Theresa als junge Frau nach Hause beordert wurde und den elterlichen Bauernhof übernommen hat.

Ungefähr 20 Jahre später treffen sich die beiden wieder und nehmen ihre Brieffreundschaft auf.

Ihre Leben könnten nicht unterschiedliche r sein. Theresa kämpft mit dem Hof um das nackte Überleben – zu wenig Geld, unsinnige EU-Verordnungen, kein Personal, zu wenig Regen. Und dazu gesellen sich Eheprobleme, weil sie mangels Zeit nie genug Zeit für ihre Familie hat.

Stefan hingegen ist stellvertretender Redakteur einer großen Wochenzeitung. Seine Probleme findet Theresa lächerlich – Gendersprache, Intrigen in der Redaktion, Generationenprobleme zwischen jungen und älteren Kollegen.

Und so sind ihre E-Mails oft hitzig und von Themen geprägt, die die Gesellschaft spalten. Dieses jeder gegen jeden. Die Jungen gegen die Alten. Die Städter gegen die Landbevölkerung. Darf man mit jemandem befreundet sein, der die Afd wählt und kann man jemanden sogar nett finden? Ist Theresa mit ihrem bio-zertifizierten Buch ein guter Mensch oder muss sie nicht vielmehr dafür verurteilt werden, dass sie damit zur Klimaerwärmung beiträgt? Darf man sich überhaupt zum Thema Klimaschutz äußern, wenn man zugleich in den Urlaub fliegt. Und vieles mehr.

Beim Lesen war ich mal auf Theresas mal auf Stefans Seite. Mal wusste ich gar nicht mehr auf wessen Seite ich bin ober ob man überhaupt auf einer Seite sein kann, weil es eben überall Menschen gibt, die ihre ganz individuellen Probleme haben.

Der Roman war angenehm und flüssig zu lesen, aber auch stellenweise wirklich hart und ziemlich deprimierend. Er hat mich mit der Frage zurück gelassen, wie die Gesellschaft manche Klüfte überhaupt überwinden soll, wenn es nicht mal diesen beiden Menschen gelingt – ja, wenn ich es selbst nicht mal für mich schaffe, meine Gedanken in Einklang zu bringen.

Hat es jemand von euch gelesen?

Smartwatch für Kinder

Sehr viele Kinder in der Klasse meiner Kinder haben eine Smartwatch. Die meisten haben eine „langweilige“ Variante, mit der die Kinder nicht groß daddeln können. Sie sind also im Wesentlichen zu dem Zweck, dass die Kinder erreicht werden können oder selbst anrufen können.

Ich habe auch lange mit dem Gedanken geliebäugelt, weil es durchaus Situationen gab, in der es praktisch gewesen wäre, das Kind anrufen zu können.

Letztendlich bin ich aber wieder davon abgekommen. Einerseits bekomme ich bei Freunden mit, dass die Kinder bei jedem Schmarrn anrufen. Andererseits wird das von Kindern oft missbraucht, wenn Verabredungen oder Absprachen nicht eingehalten werden können. So in dem Sinne: Ich kann nicht bis 18.00 Uhr zu Hause sein, ich bin gerade noch da und da.

Das will ich ihnen gar nicht angewöhnen.

Die Uhr wird von Eltern auch verwendet, um die Kinder zu tracken. Das klingt natürlich nach einem Plus an Sicherheit, aber tatsächlich weiß das doch jeder. Als potentieller Kindsentführer würde ich doch zuallererst diese Uhr loswerden.

Andererseits habe ich auch schon oft mitbekommen, dass das Tracking auch nur so semigenau ist. Da wurde dann plötzlich angezeigt, dass ein Kind, das eigentlich in der Schule sitzen sollte, sich am Bahnhof befindet, der davon rund einen Kilometer entfernt ist. Die besorgte Mutter wollte daraufhin nicht hysterisch in der Schule anrufen und suchte das Kind am Bahnhof. Es war natürlich in der Schule.

Manche Mamas aktualisieren das Tracking auch im 30-Sekunden-Takt, um den Schulweg des Kindes zu verfolgen. Manchmal hängt das und dann fahren die da echt hin und gucken, ob das Kind dort ist oder gegebenenfalls die Uhr verloren hat.

Also solche Geschichten klingen für mich irgendwie noch umständlicher und unsicherer als keine Uhr zu haben. Was meint ihr?