Zwischen Menschen – Julie Zeh

Kürzlich habe ich den neuen Roman von Julie Zeh gelesen.

Er besteht aus einem E-Mail-Wechsel zweier ehemaliger Freunde. Theresa und Stefan waren während des Studiums sehr eng befreundet und haben in einer gemeinsamen WG gelebt.

Das fand ein schnelles Ende, als Theresa als junge Frau nach Hause beordert wurde und den elterlichen Bauernhof übernommen hat. Eine Sache, die sie nie für sich geplant hat.

Der Kontakt bricht ab. Ungefähr 20 Jahre später treffen sich die beiden wieder und nehmen eine Brieffreundschaft bzw. E-Mail-Freundschaft auf.

Ihre Leben könnten nicht unterschiedlicher sein. Theresa kämpft mit dem Hof um das nackte Überleben – zu wenig Geld, unsinnige EU-Verordnungen, kein Personal, zu wenig Regen. Und dazu gesellen sich Eheprobleme, weil sie mangels Zeit nie genug Zeit für ihre Familie hat. Sie fühlt sich schlecht als Ehefrau, noch schlechter als Mutter und lebt in dem Gefühl, es niemandem recht machen zu können.

Stefan hingegen ist stellvertretender Redakteur einer großen Wochenzeitung. Seine Probleme findet Theresa lächerlich – Gendersprache, Intrigen in der Redaktion, Generationenprobleme zwischen jungen und älteren Kollegen. Sie findet, Stefan lebt in einer Traumwelt, mit lächerlichen Konflikten und ohne eine Ahnung vom wahren Leben.

Und so sind ihre E-Mails oft hitzig und von Themen geprägt, die die Gesellschaft spalten. Dieses jeder gegen jeden. Die Jungen gegen die Alten. Die Städter gegen die Landbevölkerung. Darf man mit jemandem befreundet sein, der die Afd wählt und kann man so jemanden sogar nett finden? Ist Theresa mit ihrem bio-zertifizierten Bauernhof ein guter Mensch oder muss sie nicht vielmehr dafür verurteilt werden, dass sie damit zur Klimaerwärmung beiträgt? Darf man sich überhaupt zum Thema Klimaschutz äußern, wenn man zugleich in den Urlaub fliegt. Und vieles mehr.

Beim Lesen war ich mal auf Theresas mal auf Stefans Seite. Mal wusste ich gar nicht mehr auf wessen Seite ich bin ober ob man überhaupt auf einer Seite sein kann, weil es eben überall Menschen gibt, die ihre ganz individuellen Probleme haben. Und die liegen oft fernab jeder Ideologie oder dessen, was man vielleicht theoretisch als richtig empfindet.

Der Roman war angenehm und flüssig zu lesen, aber auch stellenweise wirklich hart und ziemlich deprimierend. Er hat mich mit der Frage zurück gelassen, wie die Gesellschaft manche Klüfte überhaupt überwinden soll, wenn es nicht mal diesen beiden Menschen gelingt – ja, wenn ich es selbst nicht mal für mich schaffe, meine Gedanken in Einklang zu bringen.

Hat es jemand von euch gelesen?

Ein Gedanke zu “Zwischen Menschen – Julie Zeh

  1. Habe ich nicht gelesen. Hört sich so an, als ob man hier all das nochmal liest, was inzwischen leider Alltag geworden ist.
    Scheint so ein wenig wie damals, als die Lindenstraße begann – da mochte auch nicht jeder (manche desto mehr) auch noch den Trppenhausklatsch einer fiktiven Hausgemeinschaft sehen.

    Aber das Buch ist offenbar gut geschrieben, ja?

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